Geschlecht ist relativ - Lindas Zimmerdschungel

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Homosexualität. Der Streit um den Bart des Kaisers.

Die großen Weltreligionen Islam und (vornehmlich katholisches) Christentum verurteilen Homosexualität als pervers. In einigen islamischen Staaten ist sie sogar mit der Todesstrafe bedroht. Diskussionen über dieses Thema werden oft mit Argumenten wie Toleranz und Menschenrechte geführt.

Nur: Worum geht es eigentlich?


Geschlecht ist relativ


Bei Säugetieren (und damit auch beim Menschen) ist es für die Fortpflanzung nötig, dass eine - weibliche - Eizelle mit einer - männlichen - Samenzelle verschmilzt.

Diese biologische Geschlechterdualität bei Säugetieren wird hier gar nicht infrage gestellt..

In unserer Kultur und unserem Rechtssystem wird das Geschlecht jedoch vorrangig über die Beschaffenheit des äußeren Genitale bestimmt und daraus eine ganze Reihe gesellschaftlicher Normen und juristischer Konsequenzen abgeleitet.

Dabei geht man von folgenden Annahmen aus:

  • Ein Mensch mit einer Scheide ist eine Frau, ein Mensch mit einem Penis ein Mann

  • Die äußeren Genitalien finden ihre Entsprechung auch bei den inneren Geschlechtsorganen, sprich Hoden bzw. Eierstöcke und Gebärmutter.

  • Demzufolge ist ein Mensch mit einer Scheide auch grundsätzlich in der Lage, ein Kind zu gebären

  • Die Geschlechtschromosomen einer 'Frau' haben immer die Form zweier X-en, die eines 'Mannes' sehen aus wie ein X und ein Y

  • Das genetische Geschlecht, das körperliche Geschlecht und die geschlechtliche Identität stehen miteinander in einem kausalen Zusammenhang, das heißt zum Beispiel: Ein Mensch mit einem Chromosomensatz von 46,XY hat immer den Körper eines Mannes und muss sich deshalb auch als solcher fühlen, ein Mensch mit 46,XX hat immer den Körper einer Frau und muss sich deshalb auch als solche fühlen


Wir wissen heute, dass alle diese Annahmen nicht so sicher zutreffen wie es den Anschein hat, sondern lediglich auf ungefähr 98% der Menschen.

Das Phänomen Intersexualität
etwa beweist, dass der vermeintliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Chromosomensatz und den äußerem Genitale nicht besteht. Es gibt Menschen mit XX-Chromosomensatz und Penis genauso wie solche mit XY-Chromosomensatz und Scheide. Letzteres tritt gar nicht selten auf, weil die embryonale Entwicklung der menschlichen Geschlechtsorgane ohne Einfluss des männlichen Geschlechtshormons Testosteron in die weibliche Richtung verläuft. Ein männlicher Körper entwickelt sich nur dann, wenn Testosteron in ausreichender Menge vorhanden ist und von den Zielzellen auch verarbeitet werden kann. Darüber hinaus gibt gar nicht wenige Menschen mit mehr als 2 Geschlechtschromosomen (etwa XXY).

Zufällige genetische Veränderungen sind die Grundlage der Evolution. Das ist insofern wichtig zu betonen, weil sie oft dafür mißbraucht werden, um 'die Norm' im Sinne einer Mehrheit zu definieren. 'Nicht normal' in diesem Zusammenhang wäre aber bloß, wenn es diese Veränderungen nicht gäbe.

Das geschlechtliche Zugehörigkeitsgefühl (Geschlechtsidentität) ist vom Chromosomensatz unabhängig. Intersexe Menschen mit eindeutigem äußeren Genitale (das ist etwa bei CAIS
) der Fall) entwickeln nicht häufiger Geschlechtsidentitäts"störungen" als Menschen, bei denen Chromosomensatz und Körper in jeder Hinsicht übereinstimmen.

Reduzieren wir in der Folge 'Geschlecht' auf die Fähigkeit zur Fortpflanzung, so werden Intersexualität und Transsexualismus
negiert, und bei jenen Menschen, die etwa aus medizinischen Gründen oder aufgrund des Alters keine Kinder bekommen können, müsste konsequenterweise die Geschlechtlichkeit in Frage gestellt werden.

Würden wir das soziale Geschlecht, den Ausdruck des subjektiven Zugehörigkeitsgefühls, als die gesellschaftlich relevanteste Dimension anerkennen, wäre die Integration auch von Menschen, die nicht ins 98%-Schema passen, leicht möglich. Es hat allerdings nichts mit der Fortpflanzungsfähigkeit zu tun und auch nichts mit der Beschaffenheit der äußeren Genitalien.

Ein solcher Paradigmenwechsel könnte eine Vielzahl von Problemen lösen wie etwa die vermeintliche Notwendigkeit geschlechtsanpassender Operationen an intersexen Kleinkindern oder die für transsexuelle Menschen wichtige Änderung des Personenstands und damit zusammenhängend die problematische Bestimmung im § 3 des österreichischen Namensänderungsgesetzes, wonach der erste Vorname nicht "dem Geschlecht widersprechen" darf.

Einzig die eifrigen Kämpfer gegen die Homosexualität hätten ein ernstes Problem, weil sich die nirgendwo mehr so richtig festmachen ließe. Aber das tut sie genau genommen ja jetzt schon nicht.

Ich denk mir: Das fällt unter 'alles'. Darum kann man sich bekanntlich nicht kümmern.

Linda


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