Wissenswertes über die Haltung von Hippocampus zosterae - Lindas Zimmerdschungel

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Wissenwertes über die Haltung von Hippocampus zosterae
(letztes Update: 2012-01-15)

Das Zostera-Zwergseepferdchen bewohnt Seegraswiesen in Küstennähe und Gezeitentümpel sowie Ästuare im Bereich des Golfs von Mexiko bis Florida, also Lebensräume mit wechselnden Umweltbedingungen. Hinsichtlich Temperatur und Salzgehalt sind diese Pferdchen deshalb sehr anpassungsfähig. Eine Salinität von 3% (das entspricht bei 24°C einer Dichte von etwa 1.020) hat sich als auf Dauer recht günstig erwiesen, wobei Schwankungen nach unten gut toleriert werden. Bei der Temperatur ist es ähnlich: Dauerhaft hohe Werte über 26°C scheinen die ohnehin nicht lange Lebensdauer der kleinen Seepferdchen zu verkürzen. Allerdings werden vorübergehend auch Werte um die 30° problemlos vertragen.

In dieser Hinsicht habe ich Hippocampus zosterae als ausgesprochen robuste Art kennen gelernt.

Wesentlich heikler ist das Thema Fütterung: Anfangs hatte ich vorgesehen, meine Pferdchen in erster Linie mit selbst gezüchteten Kleinkrebsen (Copepoden und Moina salina) zu ernähren. Das hat sich aber als Utopie erwiesen, spätestens ab 10 Pferdchen reicht der Platz in einer durchschnittlichen Wohnung nicht mehr für die Futterzuchten, wenn die Krebse als Alleinfutter dienen sollen.

An Trockenfutter gehen Seepferdchen überhaupt nicht, die Umstellung auf Frostfutter (wie bei vielen anderen Syngnathiden üblich) ist bei H. zosterae nach meiner Einschätzung auch nicht möglich, da diese Art kaum aktiv jagt, sondern darauf wartet, dass ihr das Futter mehr oder weniger von selbst ins Maul schwimmt. Die Motivation, zu einem Futterplatz zu kommen, ist dem entsprechend nicht gegeben.

Als leicht erhältliches und ständig verfügbares Hauptfutter haben sich die Nauplien des Salinenkrebschens Artemia salina erwiesen.

Zu Beginn hatte ich frisch geschlüfte Artemianauplien verfüttert. Die Pferdchen aßen zwar viel, sahen aber trotzdem mager aus und hatten ständig Hunger. Bei einem Vortrag von Dr. Daniel Abed-Navandi vom Wiener Haus des Meeres habe ich dann erfahren, dass die nach dem Schlupf an sich nahrhaften Nauplien für Seepferdchen nicht geeignet sind. Alle Röhrenmäuler haben nämlich einen sehr kurzen Verdauungstrakt, und weil die Artemialarven bis zur ersten Häutung weder Mund noch After besitzen (sie ernähren sich während dieser Zeit von ihren Dotterresten), können die Verdauungsenzyme der Syngnathiden die Nahrung in der kurzen Zeit der Magen- und Darmpassage nicht aufschließen. Daniel Abed hat von Fällen berichtet, bei denen die ausgeschiedenen Nauplien sogar weitergelebt haben.

Wartet man jedoch ab, bis die Artemianauplien die erste Häutung hinter sich gebracht haben, müssen sie vor der Verfütterung selbst mit hochwertiger Nahrung versorgt werden. Ein erprobtes Futtermittel für Zooplankton ist Selco (Self emulsifying Concentrate), ein Phytoplanktonersatz mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Ich verwende Selco S.parkle von INVE, weil es als Granulat leicht zu dosieren und gut haltbar ist.

Im Sinn der beiden vorigen Absätze läuft die Artemienanzucht bei mir folgendermaßen ab:

1. Tag: Vorbereitung des Ansatzes. Auf 0,5 Liter Wasser (ich verwende Aquarienwasser vom letzten Wasserwechsel) gebe ich etwa 0,5 ml Artemiazysten. Die Flasche wird kräftig belüftet. Bei 25° schlüpfen die ersten Nauplien nach ungefähr 18 - 24 Stunden.

2.Tag: In die Flasche vom Vortag gebe ich eine Messerspitze Selco. Anschließend wird sie weiter belüftet.

3. Tag: Der gesamte Inhalt der Flasche mit den angereicherten Artemianauplien wird in den äußeren Ring einer Artemia-Aufzuchtschale überführt, die vorher mit Seewasser bis zum Rand des vorletzten Rings gefüllt wurde. Zum Schluß wird der Wasserstand in der Schale bis zur optimalen Höhe ergänzt. Auf diese Weise lässt sich die Trennung der Krebse von den Eischalen sauber und ohne Aufwand durchführen.

Anzumerken ist, dass ich bei der morgendlichen Fütterung zusätzlich Copepoden gebe. Neugeborenen Fohlen sind während der ersten Tage darauf angewiesen, erst nach etwa einer Woche können sie die 2 Tage alten Artemianauplien
1) essen.

Generell möchte ich anmerken, dass die vielfach als unbedingt notwenig beschriebene hohe Futterdichte für H. zosterae kein absolutes Muss ist. Im Gegenteil:

Einerseits verendet ein Großteil der Futtertiere im Aquarium schlicht aus Nahrungsmangel. Der sich so ansammelnde Detritus bildet einen Nährboden für Cyanobakterien.

Andererseits treten über kurz oder lang Hydroidpolypen auf, die unter den gegebenen guten Futterbedingungen Geschlechtstiere (Medusen) ausbilden und sich dann explosionsartig vermehren. Die kleinen Quallen nesseln offenbar nicht stark und schaden den Pferdchen deshalb nach meiner Beobachtung nicht unmittelbar, sie sind für sie aber eine bedeutende Futterkonkurrenz, wenn sie zu Hunderten das Aquarium bevölkern 2).

Das optimale Futter für H. zosterae sind nach meinem Dafürhalten substratgebundene Copepoden wie etwa Tisbe. Sie kommen den natürlichen Ernährungsgewohnheiten der Seeponies entgegen.

Alles in allem hat sich Hippocampus zosterae in meiner Obhut bisher als äußerst robuste Art erwiesen, mit der Einschränkung, dass die Fütterung eine beachtliche Herausforderung für den Pfleger/die Pflegerin darstellt.


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1) Diese Anmerkung bezieht sich auf die üblicherweise im Handel erhältlichen Artemiaarten. Andere Halter von H. zosterae berichten, dass die nur 430µ kleinen Artemianauplien (z.B. AF von INVE) frisch geschlüpft und dann auch ohne Anreicherung von den Pferdchen  gut vertragen werden.
2010-02-22

2) Eine nach meiner Erfahrung sehr gut geeignete Methode zur Limitierung von Hydroiden sind Gänsefuß-Seesternchen (Asterina sp.). Sie vertilgen das Stolonengeflecht der festsitzenden Polypen. Damit sind Asterinas zwar nicht sonderlich effektiv, in entsprechender Anzahl sorgen sie aber dafür, dass zumindest weniger Geschlechtstiere (Medusen) gebildet werden und somit die unkontrollierte Massenvermehrung verhindert wird.

Andere Fressfeinde von Hydroiden sind entweder hochgradige Futterspezialisten (z.B. die Nacktschnecke Learchis poica) oder können gleichzeitig auch zumindest neugeborenen Zostera-Pferdchen gefährlich werden.
2012-01-15

 
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